Vasaloppet 2022

Startfeld in Sälen

Der Sturz im Startfeld 1 und 2 reisst eine grosse Lücke in die Menschenmasse

Ach wie schön ist Diagonal. Kurz zwei, drei Meter aufgeholt auf 20 Meter.

Tarnanzüge

Wo soll man bloss mit Erzählen beginnen? Ein Riesengaudi mit einer übermotivierten Truppe, Loipen vom Feinsten, Rückenwind und Sonne. Und zum Abschluss eine Semla!

Der Lauf ist erst um Sonntag, doch schon am Dienstag machen sich die ersten mit dem Zug auf den Weg, der Rest folgt Donnerstag früh mit dem Flugzeug. In Stockholm werden wir von Luki mit dem Schulbus mit Ski-in/Ski-out-Rampe begrüsst. Nach einer mittelgrossen Kaffeepause beim Mietautoverleih (anscheinend mögen die es nicht wenn dem Führerausweis Ecken fehlen) machen wir uns auf den Weg nach Uppsala und weiter Richtung Sälen.

Freitag

Den Freitag nutzen wir um die traumhaften Loipen rund um Sälen und Tandådalen zu befahren, schon die sind die Reise wert. Am Nachmittag wühlen sich die einen bereits durch die Verkaufsstände in Sälen um die frisch gebrochenen Stöcke zu ersetzen oder sich mit übermotivierten Schweden um die neusten Trinkgurten zu raufen. Die anderen schwitzen in der Sauna und wühlen sich durch den Neuschnee hinter dem Haus.

Langsam kommt Rennfieber auf. Wir schauen uns die Highlights aus den letzen 100 Jahren Vasalauf auf Youtube an. Was? Koni Hallenbarter lief schon 1983 unter 4 (!) Stunden? Ohne SkiErg und Speedmax? Wie hat sich die Doppelstocktechnik verändert? Wann hat sich eine Teamtaktik auf den letzen paar Kilometern ausgezahlt? Wenn man vor lauter Fragen und Fakten nicht mehr weiter weiss hilft nur noch das inoffizielle Vasalied von Lennart Wärmell

Samstag

Der Samstag ist ganz der Steigerung der Nervosität gewidmet. Kurzer Besuch im Stadion, Besichtigung der Startaufstellung (50 parallele Spuren, fast ein Kilometer Aufstellungsplatz vor der Startstrecke), Testlaufen des Starthogers (danach fast nur bergab, sagt mir einer), Skitest (wenn wir schon keine Profis sind, dann versuchen wir wenigstens so zu wirken), Wachstipps abholen (von "ganz klar Klister" bis "ganz klar Hartwachs" hören wir alles), Semla essen und Wachs besprechen, heimfahren und Wachs besprechen, ausgelacht werden von der "I'm feeling lucky"-Fraktion die ihre Skis den schwedischen Akkord-Wachsern anvertraut haben, begründen wieso selberwachsen besser ist, youtube-Videos zum mehrschichtigen Klisterauftragen schauen, umwachsen, Getränkegurtsituation im Generellen besprechen, Getränkegurtsituation im Speziellen besprechen. So nach 21:00 sind dann auch die letzten bereit mit zwei fertigen Skis und einer Strategie für den morgigen Tag. Und ja, noch kurz, wann sollen wir aufstehen? Start ist um 8:00, 3:00 sollte glaub reichen. Lustiger Scherz dachte ich, aber es lachte keiner, auch nicht am nächsten Morgen um 3:00 als die Timba-Trommel uns aus dem Schlaf trommelte.

Sonntag / Vasaloppet

In den Startfeldern sind wir gut vertreten. Wir haben solche, die mit dem Schicksal hadern, weil sie ihrer Meinung nach zu weit hinten sind, und wir haben andere, die mit dem Schicksal hadern, weil sie ihrer Meinung nach zu weit vorne sind. Egal wo man startet, am Sonntagmorgen braucht es viel Geduld. Wir gehen früh zum Start, doch die Kolonnen vor den Einlässen sind schon lang. Wir warten in der eisigen Dunkelheit über eine Stunde, wärmen uns an den Feuern und dem warmen Tee, werden dafür mit einem Platz für unsere sorgfältig gewachsten Skiern in der dritten Reihe unseres Startblocks belohnt (cool, nur über 100 Leute in meinem Startblock vor mir). Danach kurz zur Disco in den Teambus und dann kurz vor 8:00 ins Startfeld.

Um 8:00 gehen die Startblockbegrenzungen hoch, alle schliessen auf und der Startschuss knallt. 16'000 Läuferinnen und Läufer setzen sich in Bewegung. Noch bevor ich die Startlinie erreiche sehe ich von rechts ein Menschendomino auf mich zu rasen. Rund um mich sind Leute, ausweichen geht nicht und im nächsten Moment liege ich schon am Boden. Unter mir ein Ski, über mir auch einer. Von hinten drücken die über 200 Läufer, die in der gleichen Spur wie ich stehe. Zum Glück bin ich am Rand des Ski- und Menschenhaufens und ich kann mich in Kürze befreien, mein Stock welcher gerade noch unter mehreren Skiern eingeklemmt war hat es zum Glück auch überlebt. Meine gute Startposition ist nun leider etwas dahin. Im Startaufstieg staut es schon wie am Gubrist. Ich schlängle mich zwischen den im Schneckengang hochkriechenden Doppelstöcklern (Technik, nicht Club) und umgehe die Schlangen im Tiefschnee und bin ein erstes Mal froh, dass ich Steigwachs unter den Skiern habe. Ich frage mich wie viele Plätze ich im Sturz verloren habe, ich überhole Leute die ein Startfeld hinter mir gestartet sind. Wie es sich später herausstellen wird, hatten wir aber alle viel Glück. Einige mussten mit gebrochenen Skiern, Bindungen und Stöcken aufgeben, und dies schon vor (!) der Startlinie. Auch der Stockservice nach einem Kilometer kurz vor dem grossen Aufstieg war ziemlich schnell ausgeschossen.

Bis vor dem zweiten Aufstieg (Risberget) kommen einige Schnelle von hinten vorbeigeschossen, die meisten mit Skatingskis und ich überlege mir wie sinnvoll Steigwachs in Klassischrennen noch ist. Ab dem Aufstieg zum Risberget sehe ich aber, dass ein gut gewachster Klassischski eben doch mit einem Skatingski mithalten kann. Bergauf krampfen sich die rund um mich im Doppelstock ab und haben über die Kuppe und in der Fläche keine Kraft mehr und in der Abfahrt fahren sie mir nicht mal davon. Ein Wachser vom Skiklub Mora sagt mir nach dem Rennen, er glaube Doppelstock lohne sich nur für die ersten 400-500, die anderen sind zu schwach um es durchzuziehen. Das würde ich so auch unterschreiben.

Der Rest des Rennens ist einfach erklärt: rekordschnelle Bedingungen mit perfekten Spuren, Sonnenschein und leichtem Rückenwind, super Stimmung im Swiss Corner durch Gaudenz und im Ziel in Mora.

Nicht allen lief es so gut, einige hatten Pech mit dem Wachs (kein Grip bergauf und langsam bergrunter) oder einen Stockbruch. Ins Ziel kamen aber alle und die Stimmung war wie immer topp!

Kurz: sehr zu empfehlen! Einer der schöneren Läufe den es gibt.

Links

Wachsbingo

Feinkörniger eher alter Schnee, über Mittag knapp unter null. Morgens ca. -7 Grad.

Was funktioniert hat: Klister oder Festwachs. Die meisten hatten Klister (Base Klister, dann Nero), das ging etwa bei der Hälfte gut, bei der anderen nicht. Festwachs ging gut (die neuen Rennwachse von Swix).

Skis zum Wachsen abgeben/nicht abgeben --> 50% Chance für gute Skis

Selber wachsen --> einige ok, andere schlecht

Alternative: Doppelstöckeln. Man muss schon sehr viel Übung haben um schneller als mit der kompletten klassischen Technik zu sein, wohl Top 500 im Ziel sonst lohnt es sich für die meisten nicht (wenn man gute Skis hat).

Jonas Wäfler2022